Anfrage beim ‘advocaat-gereraal’ zur Coffeeshopregelung

Der Raad van State der Niederlande hat heute über die Anfragen der Coffeeshops Toermalijn in Tilburg und Easy Going in Maastricht beraten. Beide Coffeeshops wurden durch die Bürgermeister der jeweiligen Stadt geschlossen, da sie gegen das B- und das I-Kriterium verstoßen haben. Bei einer Kontrolle war keine Mitgliederliste vorhanden und es waren ausländische Touristen im Coffeeshop anwesend.

Das B-Kriterium, welches einen Coffeeshop zu einem geschlossenen Club mit Mitgliederliste machte, ist bereits wieder abgeschafft. Der sogenannte ‘Wietpas’ wurde von den Gerichten in Maastricht und Zeeland-West-Brabant als nicht rechtmäßig und damit nicht zulässig erklärt. Das Gericht in Zeeland-West-Brabant stellte dabei fest, dass dieses Kriterium die Konsumenten dazu verpflichtet, Mitglied in einem Verein zu werden, welcher die Durchführung strafbarer Handlungen zum Zweck hat. Das Gericht in Maastricht urteilte, dass die Gemeinde die Bürger nicht aufgrund einer kommunalen Anordnung dazu zwingen kann, Mitglied in einem Club zu werden.

Generalstaatsanwalt Keus
Generalstaatsanwalt Keus

Das I-Kriterium, welches den Zutritt zu Coffeeshops nur für über achtzehn Jahre alte Bewohner der Niederlande ermöglicht, gilt auch weiterhin in mehreren Gemeinden und stellt somit den interessanteren Teil der Aussprache dar. Auch gegen diese Regelung wurde bereits mehrfach geklagt. Das Gericht in Zeeland-West-Brabant befand hierzu, dass es zulässig sei, einen Unterschied zwischen Einwohnern und Touristen zu machen, um den Drogentourismus einzudämmen. Das Gericht in Maastricht urteilte, dass der Bürgermeister das Kriterium besser begründen müsse. Außerdem hätten zunächst weniger drastische Mittel ausprobiert werden müssen, wie z.B. ein Umzug der Coffeeshops, um die Probleme der Gemeinde Maastricht zu lösen.

Willem Vugs, der Besitzer des Toermalijn, der Bürgermeister von Tilburg und der Justizminister sind nach dem Urteil in Berufung gegangen. Der Minister und der Bürgermeister sind der Ansicht, dass das B-Kriterium nicht zu kriminellen Vereinigungen führt. Sie berufen sich dabei auf den Teil des Kriteriums, der festschreibt, dass die Coffeeshops nur eine begrenzte Anzahl Mitglieder haben dürfen und dabei nur auf den lokalen Markt ausgerichtet sind. Der Besitzer des Toermalijn findet, dass das I-Kriterium eine unzulässige Diskriminierung darstellt und im Widerspruch zum Opiumgesetz steht.

In Maastricht sind Marc Josemans, der Besitzer des Easy Going, der Bürgermeister und der Justizminister ebenfalls in Berufung gegangen. Josemans sieht das I-Kriterium im Widerspruch mit dem internationalen Recht, da eine Unterscheidung nach Nationalitäten stattfindet. Ein solcher Unterschied darf nur aufgrund schwerwiegender Gründe gemacht werden. Davon kann nach Ansicht von Josemans keine Rede sein. Nach seiner Ansicht erfüllt ein Coffeeshop eine wichtige Aufgabe im Dienst der Volksgesundheit. Nach europäischem Recht ist es nicht erlaubt, die Gesundheit der Bürger in Gefahr zu bringen. Da ausländische Touristen aber jetzt auf den Straßenhandel ausweichen müssen, wird damit bewusst ihre Gesundheit gefährdet. Weiterhin ist er der Ansicht, dass die aktuellen Regelungen für die Coffeeshops zu willkürlich angewendet werden. Dreissig Jahre lang hätte es keine Probleme gegeben. “Unsere Region ist die Euregio” sagte er. (Anmerkung: Als Euregio wird die Grenzregion im Dreieck Aachen, Maastricht und Lüttich bezeichnet.) Bürgermeister und Minister argumentieren dagegen, dass die Regelung nach weiteren Untersuchungen angepasst werden kann und sehen in ihr immer noch ein probates Mittel um der Overlast durch den Drogentourismus zu begegnen.

In der Sitzung ging es dann auch um den Beschluss von Onno Hoes, des Bürgermeisters von Maastricht, die Beschwerde der Vereniging Officiële Coffeeshops Maastricht (VOCM) gegen die Schließung des Easy Going nicht inhaltlich zu behandeln. Das Gericht in Limburg erklärte im April diesen Jahres eine frühere Berufung gegen diese Nichtbehandlung der Beschwerde für unbergündet und wies sie ab. Der VOCM ging daraufhin in höhere Berufung beim Raad van State.

Die Abteilung Verwaltungsrecht des Raad van State machte nun Gebrauch von der Möglichkeit, eine Anfrage an den Genralstaatsanwalt zu stellen. Diese Möglichkeit wird den Richtern seit Januar 2013 geboten, um damit die Rechtsentwicklung und die Rechtseinheit zu fördern. Leen Keus hat die Aufgabe, diese Anfrage zu entscheiden. Mit Blick auf die unterschiedlichen Urteile der einzelnen Gerichte in den beschriebenen Verfahren hat der Raad van State den ‘advocaat-generaal’ gefragt, ob das B- und das I- Kriterium gegen die Verfassung, internationales Recht oder das Recht der Europäischen Union verstößt.

Heute wurden die drei Rechtssachen behandelt und die Parteien angehört. Der Genralstaatsanwalt bringt seine Einschätzung nach ca. sechs Wochen heraus. Diese wird dann veröffentlicht und geht an die beteiligten Parteien, welche die Möglichkeit haben, hierauf zu reagieren. Wenn die Frist für eine Antwort verstrichen ist, wird der Raad van State in diesen Rechtssachen urteilen. Dieses Urteil soll dann für Rechtseinheit sorgen, weswegen es von enormer Bedeutung für die Zukunft der Coffeeshops ist. Ob das I-Kriterium in Zukunft noch weiter durchgesetzt werden kann oder ob es ebenso wie das B-Kriterium für unzulässig erklärt wird und dann von der Politik wieder zurückgenommen werden muss, hängt von der Einschätzung des Generalstaatsanwalts und dem Urteil des Raad van State ab.

Steve Thunderhead