Sauberes Cannabis ist eines der besten Argumente für eine Legalisierung. Die unabhängige wissenschaftliche Kontrolle des Produktes garantiert, dass die Konsumenten ihre Gesundheit nicht mehr schädigen als es je nach Konsumform nötig ist. Vor allem für die medizinische Anwendung darf das verwendete Cannabis nicht mit unerwünschten Stoffen belastet sein.
Aus diesem Grund hat das Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu (RIVM) eine Untersuchung durchgeführt um die Belastung mit Pestiziden und Schimmel, bei dem in den niederländischen Coffeeshops verkauften Weed, zu ermitteln. Da das Coffeeshopweed nicht aus legalen Quellen stammt und somit natürlich auch keine Untersuchungen seitens des Produzenten stattfinden, sah sich das RIVM wohl im Interesse der Volksgesundheit in der Verantwortung.
Untersuchungen zur Schimmelbelastung haben bereits in den Niederlanden stattgefunden und wurden bei der Vorbereitung der Untersuchung auch von den Wissenschaftlern herangezogen. Trotzdem sind regelmässige Untersuchungen nicht der Fall, worauf das RIVM auch hinweist und vorschlägt, diese zusammen mit Prüfungen zum THC Gehalt zu verbinden.
Damit es für diese Messungen einen Rahmen gibt, in dem man die Ergebnisse einordnen kann, ziehen die untersuchenden Wissenschaftler die erlaubten Höchst- und Grenzwerte für Lebensmittel und Heilprodukte heran. Was durchaus Sinn macht, da Cannabis ja in diese Kategorie fallen würde.
Yeah! Science!
Die Frage ob man verschimmeltes Gras noch rauchen oder gar essen kann, wird öfter behandelt. Dabei ist die Antwort hier sehr einfach und lautet ganz klar: NEIN!
Auch eventuelle Reinigungsmethoden, wie das Baden in Wasserstoffperoxid oder das Erhitzen sind absolut sinnlos und fallen in die Kategorie ‘gefährliches Kifferhalbwissen’. Wohl niemand käme auf die Idee verschimmelte Lebensmittel zu konsumieren, warum sollte das bei Cannabis anders sein.
Das Problem bei Schimmelpilzen besteht darin, dass er Pilzgifte produziert, die sogenannten Aflatoxine. Bei diesen Pilzgiften handelt es sich um hochgiftige Stoffe, das Aflatoxin B1 zählt z.B. zu den am stärksten krebserregenden Stoffen überhaupt. Diese Pilzgifte lösen nicht nur Krebs aus, sondern können auch die Leber und andere Organe schädigen. Die Mengen, die dabei schädlich sind, sind so gering, dass man den Schimmel noch nicht einmal sehen muss.
Tipps wie das Waschen in Wasserstoffperoxid sind vollkommen sinnlos und bringen überhaupt nichts. Zwar werden in den USA Stoffe wie Wasserstoffperoxid, Chlor oder auch Methylamin (Ja, genau das Zeug was in Breaking Bad immer Mangelware ist) zur Vernichtung von Aflatoxinen bei Futtermitteln eingesetzt, aber hier handelt es sich um Begasungsverfahren bei hohen Temperaturen über eine längere Zeit. Auch das Erhitzen von Schimmel bringt keinen Erfolg. Aflatoxin B1 hat einen Verdampfungspunkt von mehr als 500 °C, es verschwindet also nicht so einfach und es ist auch noch sehr stabil. Versuche mit Kaffee ergaben, dass die Menge an Aflatoxinen nach einer 30 min. langen Erhitzung auf 180 °C nur um 50% abgenommen hatte.
Wird das Cannabis nicht gegessen sondern geraucht oder vaporisiert, so gelangt ein Teil des Giftes in die Lunge, die dadurch auch auf Dauer geschädigt wird. Zerfällt das Aflatoxin wegen der hohen Temperatur beim Rauchen, so entsteht Kohlenmonoxid und Kohlendioxid als Abbauprodukt, wovon ersteres sich hunderte Male besser als Sauerstoff an die roten Blutkörperchen bindet und diesem damit den Platz wegnimmt.
Pestizide sind eine weitere Gefahr, die bei unserer heutigen Landwirtschaft und damit natürlich auch bei der Cannabisproduktion im kommerziellen Umfeld auftaucht. Pestizide nehmen wir andauernd auf, da es immer Reste in den Nahrungsmitteln gibt. Daher hat man Grenzwerte festgelegt, die die Höchstgrenze festlegen. Da man aber durchaus verschiedene Sachen isst, gibt es für alle Stoffe auch die erlaubte Tagesdosis.
Die Wissenschaftler haben die Ergebnisse mit den erlaubten Tagesdosen verglichen und legen hier immer eine Menge von 500 mg zugrunde.
Methodik
Für diese Untersuchung wurden durch das Trimbos Institut 25 Weedproben gekauft. Die Proben wurden in 25 verschiedenen Coffeeshops an 25 Orten in den Niederlanden gekauft. Die erste Probenserie (8) wurde von RIVM am 30 März 2015 empfangen, die zweite Serie (17) kam am 7. Mai 2015. Jede Probe bestand aus einem Plastiktütchen mit 2 Gramm Weed. Jede Probe wurde für die weitere Analyse zunächst kleingemahlen.
Eine genau abgewogene Menge von 500 mg wurde dann auf die am meisten vorkommenden Aflatoxine (B1, B2, G1, und G2) untersucht. Diese Untersuchung erfolgte mit einem kommerziell erhältlichen Elisa Kit der Firma Romer Labs. Das Kit erlaubt eine quantitative Ermittlung (4-40 ppb – parts per billion) des absoluten Gehalts von Aflatoxinen in einem breiten Spektrum an pflanzlichen Nährstoffen. Die Nachweisgrenze (LOD – limit of detection) dieser Methode liegt bei 3 ppb. Es waren keine Messkits verfügbar, die speziell für Cannabis entwickelt wurden.
Für die Untersuchung der Pestizide wurde eine UHPLC-MS/MS (Ultra High Performance Liquid Chromatography) Methode entwickelt, welche die gebräuchlichsten Pestizide detektieren kann. Von jeder Probe wurde wieder eine Menge von 500 mg doppelt analysiert. Die dabei ermittelten Pestizidgehalte wurden mit dem maximalen Rückstandshöchstgehalt (MRL – maximum residue limit) verglichen, der für Heilmittel auf pflanzlicher Basis gilt.
Ergebnis
In 23 der 25 untersuchten Cannabisproben (92%) wurden Spuren von einem oder mehreren Pestiziden gefunden. In 11 Proben (44%) wurde das MRL für pflanzliche Heilmittel überschritten. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle aufgelistet. Die Angabe der Pestizide bezieht sich dabei auf eine orale Einnahme von 500 mg und gibt an, wieviel Prozent der erlaubten Tagesdosis dabei aufgenommen würden.
In 5 Proben wurden mehrere Pestizide festgestellt. Trotzdem betrug der Gehalt in 24 Proben weniger als 1% . Bei Probe Nr. 17 (Special Super Silver) wurde bei der Ermittlung des Gehalts an Carbendazim von dem letzten festgelegten Höchstwert ausgegangen, denn dieses Pestizid ist in der EU seit 2009 nicht mehr zugelassen. Bei 8 Proben wurde ein relativ hoher Wert an Abamectin festgestellt (ca. 3% der erlaubten Tagesdosis), das bedeutet, das man 18 Gramm eines solchen Weeds essen muss um die erlaubte Tagesdosis dieses Pestizids zu erreichen.
In keiner der untersuchten Proben konnten Aflatoxine festgestellt werden. Da das Detektierungslimit des verwendeten Elisa Kits bei 3 ppb liegt, erfüllen damit alle Proben die geltenden Grenzwerte für Nahrungsmittel innerhalb der EU (4 – 15 ppb).
Nr. | Produktname | Pestizide | % der ETD | Aflatoxine |
1 | Amnezia Haze Pineapple | < LOD | ||
2 | Express Strawberry | < LOD | ||
3 | Cough | < LOD | ||
4 | Blueberry | Verbr. | ||
5 | White Monkey | 0,03% Abamectin | < LOD | |
6 | Pineapple Haze | < LOD | ||
7 | Desert Bud | 0,03% Abamectin | < LOD | |
8 | Buddha Cheese | 3% Abamectin 0,3% Tebuconazol | < LOD | |
9 | Icecream | < LOD | ||
10 | Birdeyskunk | < LOD | ||
11 | White Fire Al | < LOD | ||
12 | Jack Herrer | < LOD | ||
13 | Super Skunk | < LOD | ||
14 | White Widow | 0,08% Abamectin 0,006% Tebufenpyrad 0,05% Triadimenol | < LOD | |
15 | Jet Lag | < LOD | ||
16 | Northern Light | 0,4% Abamectin | < LOD | |
17 | Special Super Silver | 0,2% Abamectin 0,3% Carbendazim | < LOD | |
18 | Haze | < LOD | ||
19 | Mix Gruis | 0,008% Tebuconazol 0,1% Tebufenpyrad | < LOD | |
20 | Special | 0,03% Piperonylbutoxid | < LOD | |
21 | Amnesia Gruis | 0,09% Abamectin 0,05% Piperonylbutoxid 0,007% Tebufenpyrad | < LOD | |
22 | Haze | < LOD | ||
23 | Power Plant | 0,007% Triadimenol | < LOD | |
24 | White Whidow | < LOD | ||
25 | Top 44 | 0,2% Abamectin | < LOD |
Legende:
Spuren von Pestiziden > MRL | |
Spuren von Pestiziden gefunden | |
Keine Spuren von Pestiziden gefunden |
LOD: Nachweisgrenze (limit of detection); hier: 3 ppb (parts per billion)
Verbr: Bei der Entwicklung der Messmethode für die Pestizide verbraucht
Wie ordnet man denn jetzt diese Ergebnisse ein? Das kommt natürlich darauf an, wie man das ganze betrachtet. Für jemanden, der Wert auf biologisches und absolut sauberes Weed legt, ist das natürlich ein schlechtes Ergebnis. Reste von Pestiziden haben spätestens bei der medizinischen Anwendung nichts im Produkt zu suchen.
Und der normale Wochenendkiffer? Wie siehts denn für den aus?
Hier muss mal wieder der gute alte Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, auch bekannt als Paracelsus, herhalten, der da sagte: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“
Die Mengen der gefundenen Pestizide liegen in einem Rahmen, die man als gesunder Mensch ohne Probleme konsumieren kann. Tatsächlich sollte man sich vielleicht eher Gedanken machen, was man sonst so an Nahrungsmitteln zu sich nimmt, denn die z.B. in grünem Tee gefundenen Werte sind weitaus schlechter.
Abschließend lässt sich sagen, dass die altbewährten Sorten in den Coffeeshops von einer Qualität sind, welche sich manche Leute wünschen würden, die sich hier auf dem Schwarzmarkt eindecken müssen. Wer allerdings Wert auf komplett schadstofffreies Weed legt, kommt wohl um den Eigenanbau oder den Grower seines Vertrauens nicht herum.
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