Cannabis Bevrijdingsdag, Amsterdam und die Stimmung in Holland

Vorbereitungen
Vorbereitungen

Ziemlich genau vier Wochen sind nun verstrichen, aber wegen Urlaub bin ich etwas spät dran. Es war einfach zu entspannend, um auch noch einen Artikel zu schreiben. :-) Amsterdam aber ist immer noch einzigartig, besonders im, naja, Sommer und immer einen Wochendtrip oder einen Kurzurlaub wert. Der “cannabinoide” Hintergrund dieser Stadt ist eben Programm. Also bin ich am 13. Juni angereist und habe auf dem Camping Zeeburg das WOMO geparkt. Der Flevopark ist ja im Osten der Stadt und gut 3,5 km von Centraal Station entfernt. Schon eine “andere Welt”, kaum noch Touristen, die Preise in den Geschäften und Coffeeshops deutlich günstiger. Menükarte vom "The Stud"Wirklich positiv aufgefallen ist mir der CS “The Stud“. Der Besitzer, Silvio, war anwesend und absolut freundlich, offen und erlaubte Aufnahmen in seinem CS inclusive Menukarte, das ist nicht immer so. Das teuerste Gras auf der  digitalen Karte zu 11 Euro und das war wirklich gut. Beach Front nannte es sich, ein Strain der vom Stud selber gezüchtet wird. Die Karte war ein Touch Screen Display, das beim Tippen auf die Sorte Infos wie zB. Strain, Herkunft, Wirkung anzeigte.  Alles getestete erwies sich als überdurchschnittlich, nicht nur für Amsterdamer Verhältnisse.

Coffeeshop "The Stud"
Coffeeshop “The Stud”

Wenn die Kundschaft zu 95 % aus der Nachbarschaft kommt, kannst du dir als CS Besitzer eben nicht erlauben, Mist zu verkaufen. Das geht nur bei Touristen, die kommen meist nur einmal. So aber ist der Laden eher Anlaufpunkt für Menschen aus dem Viertel, der Kaffee ist gut, die Inneneinrichtung lädt zum Verweilen ein, ein Volcano Vapo ist vorhanden, Hunde sind erlaubt und freies Internet gibt es auch. Was willste mehr? Abends in Mokum sieht das CS-Leben schon ganz anders aus. Als im April der CS de Kroon wegen eines Grows über dem CS in den Schlagzeilen war, titelte eine NL Zeitung: De Kroon spannt de Kroon. Frei übersetzt etwa: die haben die dicksten Eier. Ja, haben sie, aber auch was die Dreistigkeit Kunden gegenüber angeht. Ich wollte nur gemütlich einen Kaffee trinken und sofort gab es heftige Diskussionen. Ich müsste erst was zu rauchen kaufen sonst würde ich nichts zu trinken bekommen. Es dauerte eine Weile, der “Chef” kam dazu und auf einmal wurde es freundlich. Mag daran gelegen haben, dass die Frage nach der Art seiner Lizenz ihn besänftigt hat. Nach einem Kaffee ging es dann weiter, es musste freundlicheres in der Innenstadt geben. Vor dem Rockit und dem Greenhouse Effect, die direkt nebeneinander liegen, stehen Tische und Stühle. Da im GE alles voll ist, suche ich mir einen Stuhl vor dem Rockit, binde den Hund an und betrete den Shop. Keine Hunde auf der Terrasse oder im Laden brüllt es mir, niederländisch, entgegen. Auf mein “warom niet?” kommt ein “darom!” zurück. Guten Argumenten gegenüber war ich schon immer machtlos und bin dann auf einen frei werdenden Stuhl im Greenhouse Effect umgezogen.

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Greenhouse Effect

Als erstes kam eine Mitarbeiterin heraus und brachte eine Schüssel Wasser für den Hund. WOW. Dann gab es doch einen guten Kaffee und einen Blick auf die Menukarte. Der Besitzer war sehr nett und verstand das Verhalten seines Nachbarn auch nicht. “Schaust du, bei ihm ist alles leer und hier ist es voll. Was hat er davon?” sagte er dann im Gespräch. Es gibt Ausnahmen, auch in der City, das versöhnt mich immer wieder mit dieser Stadt. Das getestete Cherry Berry war mit 14 Eu teuer, aber gut. Geschmacklich das, was der Name versprach, sauber und zeigte Wirkung. Das “Siberie”, ich liebe diesen CS eigentlich, aber mit Hund durfte ich nicht rein, das fand ich, auch aufgrund einer fehlenden Begründung, enttäuschend. Also, widerstrebend, etwas von dem extrem guten “Jamaica Blue Mountain Weed”, 5,50 Eu das Gramm, gekauft. Importware und für einen sonnigen Morgen zu empfehlen.

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Menu GE

Cannabis-Bevrijdingsdag 14. Juni 2015, bedeckt, kühl – Welkom in Amsterdam. Nicht wirklich ein prickelnder Start für das Festival. Leider sollte sich, was die Besucheranzahl betrifft, das Wetter als Spielverderber entpuppen, es war wirklich dürftigst besucht. Sicherlich waren, wie immer bei solchen Veranstaltungen, mit den Aktivisten eine erkleckliche Anzahl an Menschen dort, aber ich hatte wesentlich mehr Leute erwartet. Sonntagmorgen gegen 10 Uhr habe ich mich aufgemacht, vom gegenüberliegenden Campingplatz Zeeburg ist der Flevopark zu Fuß in 10 Minuten erreicht. Die Aufbauarbeiten waren in vollem Gang und mein erster Gesprächspartner, Derrick Bergmann vom VOC, wuselte mittendrin herum. Wir kannten uns bisher nur vom Mailverkehr, aber mein Eindruck den ich dadurch hatte, bestätigte sich sofort. Ein äußerst sympathischer, offener und lieber Mensch, dem man aber den Druck unter dem er stand sofort auch anmerkte. Kein Wunder nach der erst kurz davor erfolgten Razzia in seinem Privathaus und all den anderen Problemen, die es in Holland eben mit Cannabis gibt. Trotz Vorbereitungsstreß gehen wir erstmal zum VOC Zelt und ich erhalte ein VIP Bändchen das unter anderem einen Test der Produkte ermöglicht, die zum Highlife Cup eingereicht wurden.

Jpeg
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Sehr nett. Leider war danach nur wenig Gelegenheit mit Derrick zu reden, es wurde langsam voller und Steve Thunderhead und weitere Bekannte tauchten auf. “Dutch Passion” hatte richtig schweres Geschütz aufgefahren, Pavillons, reichlich Tische und Stühle luden zum zwanglosen Verweilen ein. Dazu noch Longpapers, Clipper Feuerzeuge, Basecaps als Merch auf den Tischen verteilt. Fatal, weil gemütlich und ein zentraler Anlaufpunkt. Entspannend zu sehen, wie eine Mutter mit ihren drei Kids im Alter von ca. 6-10 mit den Rädern vorbeifährt, dann stoppt und sie den Kids erklärt was abgeht. Locker, frei und unverkrampft. Überhaupt waren recht viele Eltern mit Kindern auf dem Festival, ich verstehe dieses Geschwurbel um Cannabis und Kindern bei uns in Deutschland immer weniger. Sicher sind auch die Amsterdamer selbst nicht die Cannabis-Befürworter, als die sie vielleicht gesehen werden. Vielen geht der Geruch, der immer irgendwie in den Straßen hängt, die vielen kiffenden Menschen auf die Nerven. Aber die Toleranz ist da und das unterscheidet NL von Deutschland. Nur ist der Weg zurück in NL im Moment vorgezeichnet, der politische Wille für eine restriktive Cannabispolitik überwiegt zur Zeit. Dazu kommt, das auch in NL die Aktivisten nicht an einem Strang ziehen. Die Diskussionen um medizinisches Cannabis oder der Verwendung als Genussmittel sind wie hierzulande im Gange und werden heiß geführt. Auch dort entstehen Gräben zwischen Gruppen, die doch eigentlich dasselbe wollen. Der “Cannabis Bevrijdingsdag”, der doch alle zusammenführen soll, erfüllt diese Funktion nicht mehr. Deshalb war ich gespannt auf Doede de Jongs Rede, leider hat er (meine ich), irgend einen friesischen Dialekt gesprochen, so daß nicht nur ich sehr wenig verstanden habe. Auch darüber gab es anscheinend etwas Unmut bei einigen Holländern. Sobald/Falls ich den Text seiner Rede finde, werde ich berichten. Derricks Beitrag war absolut emotional.

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Derrick Bergmann nach seiner Rede

Er hat einen Brief  von Johan van Laarhoven vorgelesen, der seit gut einem Jahr in Thailand im Gefängnis sitzt. Man mag über Laarhoven denken was man will, aber diese Behandlung in Thailand und die Willkür des Staates (NL) sind absolut unangemessen. Leider waren Marc und Jodie Emery, die als Sprecher auftreten sollten, verhindert, der Ersatz Steffen Geyer, ist dann auch nicht angereist, weil nach seiner Aussage der Veranstalter die Fahrtkosten nicht tragen konnte. Abgesehen von den weiteren Veranstaltungen auf der Bühne, die übrigens mit mehreren Cannabispflanzen geschmückt war, die zum Teil eine weitere Reise hinter sich hatten, war es ein Familienfest mit den Leuten aus der Familie, die man gern um sich hat. Während der gesamten Veranstaltung habe ich keine Polizei gesehen. Wozu auch, alles war friedlich, entspannt und gelassen. Das war es aber zB. in Dortmund oder Köln auch, trotz Riesenpolizeiaufgebot. Die wirklich intensiven Diskussionen mit Leuten die sich zu uns setzten, waren spannend und informativ. Mit den Betreibern des CSC “Tree of Life”, die mit einem Infostand vertreten waren, ist ein Termin zur Betriebsbesichtigung vereinbart, freut euch auf den Bericht irgendwann im September. Zur Zeit ist der Betrieb des Tree of Life ungestört möglich, die Behörden lassen die Leute wohl erst einmal gewähren und ich hoffe, daß es so bleibt. Letztendlich schwebt ja immer eine Schließung oder anderes Ungemach über dem Projekt.

Overlast Water

Fazit: In einer diskriminierungsfreien Stadt wie Amsterdam mache ich gerne Urlaub und gebe Geld aus. Was gerade in Amsterdam ja nun kein Problem ist. Kleine Portion Fritten nackt 3 Euro ist normal. Allerdings auch die Pekingente im Chinaviertel zu 12 Euro, eine reichliche Mahlzeit. In Amsterdams Chinatown steht übrigens der einzige offiziell geweihte Buddhistische Tempel Europas. Selbst eine Grachtenrundfahrt mit Tüte ist in Amsterdam möglich. Allerdings im kleineren, offenen Boot, durch den Elektroantrieb des Bootes sammelt man noch Punkte für CO2-Zertifikate. Als Tourist will man ja keine Overlast erzeugen. Da ich erst am 16. abgereist bin, habe ich den Montag noch in Amsterdam verbracht. Welkom in Amsterdam – Diesmal ein Wetter, wie ich es mir am Sonntag gewünscht hätte. Nur ein Neidfoto und das war es dann.

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Adam Nemo
Streuner

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