Die Niederlande haben gewählt. Heute stimmten unsere Nachbarn über die politische Zusammensetzung der zweiten Kammer ab und bestätigten ihren Ministerpräsidenten Mark Rutte (VVD) erneut in seinem Amt. Im Gegensatz zu den letzten Wahlen, die ausser dem NiederlandeNet und uns kaum ein deutsches Nachrichtenportal interessiert hat, fand die heutige Wahl international große Beachtung. Brexit, Trump, das europäische Verhältnis mit der Türkei, all das musste man heute im Hinterkopf haben, stand doch ein Typ mit komischer Frisur zur Wahl, der offen fremdenfeindlich im ach so liberalen Land daher kommt. Geert Wilders (PVV) ist die niederländische Version des Schreckgespenstes, das momentan in der ganzen Welt umher zu gehen scheint.
Das Ergebnis fasse ich einmal kurz zusammen (auf den verschiedenen Nachrichtenportalen finden sich teils sehr detaillierte Auswertungen, falls ihr Details wissen wollt):
Mark Rutte hat mit “seiner” VVD erneut die meisten Stimmen einsammeln können und wird jetzt zum dritten Mal Ministerpräsident der Niederlande. Insgesamt belegt die VVD nach aktuellen Hochrechnungen (Stand 0.50 Uhr) 32 der 150 Sitze in der zweiten Kammer. Bisher waren es 40.
Die aktuelle Koalitionspartei PvdA wurde massiv abgestraft und verliert 26 Sitze und belegt somit nur noch 9. Von einem starken Juniorpartner werden sie jetzt zu einer kaum mehr relevanten Partei die vielleicht gar nicht mehr irgendeine Regierungsverantwortung tragen wird.
Zweitstärkste Partei ist die CDA mit 21 Sitzen (bislang 13). Dann schon folgt Wilders mit seiner PVV mit sehr starken 20 Sitzen (bisher 12), dicht gefolgt von D66 mit 17 Sitzen (bisher 12) und Groenlinks mit 15 Sitzen (bisher 4), sowie der SP mit 14 Sitzen (bisher 15). Den Rest teilen sich die anderen der insgesamt 28 zur Wahl angetretenen Parteien.
Zur Regierungsbildung müssen sich Parteien mit insgesamt 76 Sitzen zusammen finden, was nach langen, zähen Verhandlungen schreit. Hier darf man gespannt sein, wen Rutte mit ins Boot holt. Zumindest eins hat er bisher kategorisch ausgeschlossen: Eine Regierungsbildung mit Wilders.
Natürlich ist die Wahl auch für den Coffeeshopfreund spannend. Die VVD ist zwar ein Hardliner, will die Coffeeshops aber nicht abschaffen und gerade in den letzten Monaten zeigten sie immer häufiger moderat, unterstützen gar die Abstimmung zur Regulierung des Anbaus. Wietpas und 15%-Regelungen scheinen da Schnee von gestern zu sein.
Die CDA hingegen positioniert sich als klare Coffeeshopgegner. Man möchte die Zahl der Shops möglichst schnell reduzieren, langfristig möchte man sie am liebsten ganz abschaffen. Alle anderen relevanten Parteien hingegen fordern eher eine lockere Handhabung von Cannabis und mehr Rechte und Möglichkeiten für Coffeeshops, allen voran die D66, die die Abstimmung zur Regulierung des Anbaus überhaupt erst ins Rollen gebracht hat.
Man darf also sehr auf den Koalitionsvertrag, wenn er denn irgendwann mal fertig gestellt wird, gespannt sein. Daneben dürfte die Personalfrage auch vieles entscheiden. Dass die VVD das wichtige Amt des Innen- und Justizministers stellen wird, dürfte recht offensichtlich sein. Spannend wird jedoch sein, wer Minister/in für Volksgesundheit werden wird. Ursprünglich waren die Coffeeshops mal diesem Ministerium zugeordnet, bevor sie immer mehr Fall des Innenministeriums wurden. Doch es gibt schon länger Bestrebungen, Coffeeshops wieder zurück ins Gesundheitsministerium zu bringen, wo sie meiner Meinung nach auch hingehören.
Natürlich hat die Drogenpolitik nicht so eine hohe Relevanz wie andere Themen, die momentan aktuell sind: Eine bröckelnde Europäische Union, Risse in allen Gesellschaften bei Themen wie der Flüchtlingsfrage, Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, der Klimawandel – all das sind Themen, mit denen sich auch die niederländische Regierung rumschlagen muss. Doch die Drogenpolitik ist immer auch ein gesellschaftspolitisches Maß für die Liberalität einer Regierung. Gerade in den Niederlanden, die doch eine Vorreiterrolle in der Thematik eingenommen haben. Vor über 40 Jahren. Es gilt diese Drogenpolitik endlich in die heutige Zeit zu überführen.
Es bleibt also spannend wie eh und je.
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