Nol van Schaik: Wenn ich Justizminister der Niederlande wäre…

Nol van Schaik hat auf Coffeeshopnieuws einen tollen Essay geschrieben, den wir für Euch übersetzt haben!

Artikelautor van Schaik im Gespräch mit Züchter Soma
Artikelautor van Schaik (r) im Gespräch mit Züchter Soma auf dem 420 Smokeout. Foto: Stefan Müller

Unser Minister Opstelten ist buchstäblich unter einer Lawine von Kritik für seinen unrealistischen Ansatz der Nichttolerierung von Coffeeshops begraben worden. Diese Kritik trifft nach meiner Meinung zu, denn der Minister hat nur im Sinn, wie er Cannabis bekämpfen kann, ohne sich Kritik an seinem Handeln einzugestehen. Durch sein hemmungsloses Durchgreifen hat er es geschafft, dass die Coffeeshops nun weitesgehend aus dem Ausland mit Cannabis versorgt werden. Das bewirkt eine erhebliche Kapitalflucht und fördert das internationale Verbrechen. Opsteltens Wietpas ist schon vor seiner Einführung im Süden des Landes gescheitert. Aber trotz aller Proteste, Klagen und Beschwerden von Anwohnern und Bürgern, halten Opstelten und Bürgermeistern Onno Hoes sturr an ihrem Verhalten fest. Ähnlich verhält es sich mit seinem Plan, die 15% THC Grenze einzuführen. Weil das meiste Haschisch diese Grenze übersteigt, würde das dazu  führen, dass der Straßenhandel aufblühen würde.

Könnte es anders sein?

Ich frage ich mich des öfteren: Könnte ich eine bessere Coffeeshoppolitik machen? Und ich denke: Ja! Mit meinen Erfahrungen in der Branche und dem täglichen Verfolgen der Neuigkeiten und Entwicklungen habe ich Informationen gesammelt und zusammengestellt: Die Niederlande hat 408 Gemeinden und nur 100 Gemeinden tolerieren Coffeeshops. Es gibt derzeit 645 Coffeeshops in den Niederlanden. Diese 645 Coffeeshops bedienen ungefähr 40% von den niederländischen Cannabiskonsumenten. Die Einwohner von den 308 Gemeinden ohne Coffeeshops kaufen auf dem zweiten Markt (Schwarzmarkt) und nach Angaben von Trimbos wird dort nicht weniger Cannabis gebraucht als in den Gemeinden mit Coffeeshops. Das bedeutet, dass 60% der niederländischen Cannabisgebraucher ihre weichen Drogen in einem unregulierten Verkauf, ohne Alterskontrolle, Qualitätskontrolle und einer Trennung von weichen und harten Drogen kaufen.

Mehr als 1 Milliarde Steuereinnahmen?

Alle Coffeeshops zahlen gemeinsam 400 Mio. € Steuern jährlich an das Finanzministerium, wobei man anmerken muss, dass sich diese Zahlen noch auf den Zeitraum vor der Einführung des Wietpas beziehen. Die Coffeeshops entlang der Grenze haben einen Großteil der 400 Mio € erwirtschaftet. In diesem Jahr wird es sicherlich weniger werden, denn der Umsatz der Coffeeshops hat sich um drei Viertel verringert. Wenn nun Coffeeshops in allen Gemeinden zugelassen würden, könnte das den Umsatz um 150 % steigern und Steuereinnahmen von rund 1 Milliarde € bedeuten. Auch die Herstellung von Cannabis, die im Moment illegal geschieht, könnte legal besteuert werden. Welche Einnahmen dies bringen würde, kann ich nicht abschätzen, aber es würde viele Millionen Mehrertrag sowie zusätzliche Arbeitsplätze bedeuten.Wenn Cannabis ohne Risiko für die Produzenten hergestellt werden kann, kann der Preis für legales Cannabis gesenkt werden. Wenn der Preis von legalem Cannabis niedriger ist, als der von illegalen Anbietern, dann verschwindet der illegale Markt. Mit einer 100% nationalen Reichweite von Coffeeshops, einer legalen Lieferkette und niedrigeren Preisen für die Verbraucher, würde die Handelskette frei von Kriminalität werden, so dass hier Mittel der Polizei und Justiz eingespart werden könnten. Die legalisierte Herstellung von Cannabis für Coffeeshops erlaubt es den Erzeugern im öffentlichen Raum zu arbeiten, mit legalen Stromanschlüssen und ohne ein Risiko für Dritte. Dadurch würden viele Feuer durch Kurzschlüsse in den Wohngebieten vermieden werden können.

Woher kommt nun das Cannabis?

Die Produktion von Cannabis findet immer weniger in den Niederlanden statt. Seitdem die “Hanf Task Force” ausgerückt ist, haben sie schon einen bedeutenden Teil der Betriebe aufgespürt und tausende Pflanzen vernichtet. Darüber hinaus haben viele Wohnungsgenossenschaften Bestimmungen in ihre Mietvertäge aufgenommen, welche eine fristlose Kündigung bei der Entdeckung von Cannabisanbau enthalten. Viele niederländische Züchter sind deshalb in andere E.U.-Länder umgezogen, wie Belgien, Spanien, Polen, Litauen, Deutschland etc. Das verursacht nicht nur eine Flucht des Kapitals in diese Länder, sondern auch, dass die Versorgung der Coffeeshops (wieder) entlang der internationalen Kriminalität verläuft. Neben all diesen Fakten und Zahlen wissen wir auch, dass die Exitenz der Coffeeshops seit 40 Jahren keinen sozialen Schaden angerichtet hat in den Niederlanden. Wir wissen mittlerweile auch, dass es praktisch unmöglich ist an einer Überdosierung von Cannabis zu sterben. Die Zahlen zeigen auch, dass die Niederländer weniger Cannabis gebrauchen als die Einwohner von Spanien, Großbritannien, Frankreich, Tschechien, Dänemark, Deutschland, USA, Australien etc. Transparenz und Toleranz scheinen besser zu funktionieren, als Verbote und Bekämpfung, so wie es praktisch im Rest der Welt gehandhabt wird.

Unter Kritik: Minister Opstelten
Unter Kritik: Minister Opstelten

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Minister Opstelten behauptet stets, dass eine Legalisierung nicht mit internationalen Verträgen vereinbar sei. Dieselben internationalen Verträge, die eine Legalisierung in Teilen der USA und Uruguay möglich gemacht haben. Doch selbst wenn die internationalen Verträge so bindend sind wie er sagt, gibt es noch andere Möglichkeiten, um die Produktion von Cannabis für Coffeeshops möglich zu machen. So eine Gelegenheit wäre es, in einem wissenschaftlichen Projekt legalen Hanfanbau eine Zeitlang durchzuführen und bei der UN anzumelden. Nach 40 Jahren registriertem Cannabisverkauf in Coffeeshops ohne eine legale Bezugsmöglichkeit, sollte die UN diesem Projekt mit Sicherheit zustimmen.

Wenn ich Justizminister der Niederlande wäre, das wäre meine Politik:

– Den Ausschluss von Ausländern aus Coffeeshops im Süden würde ich rückgängig machen, weil er kontraproduktiv ist.

– Eine Erweiterung der Anzahl der Coffeeshops im ganzen Land auf 1650, so dass es 1 Coffeeshop für 10.000 Einwohner gibt. So funktioniert es in Haarlem, wo dieses Modell 1996 eingeführt wurde. Alle Coffeeshops dort funktionieren gut und es gibt einen gesunden Wettbewerb.

– Die Produktion für alle Coffeeshops wird legalisiert, so dass sie sicher und ohne Risiko für die Umwelt und die menschliche Gesundheit erfolgt. Zudem besitzen die zuständigen Behörden und Regierung volle Einsicht und Zugriff darauf.

– Keine gerichtlichen Klagen gegen Growshops, in denen Artikel für den Anbau von Cannabis gehandelt werden. Wenn die Produktion erlaubt ist, gibt es keinen Grund die benötigten Artikel weiterhin zu kriminalisieren, so wie es Minister Opstelten im Moment tut.

– Wenn ich Minister wäre, würde ich den Finanzminister daraufhinweisen, wieviel Steuereinnahmen durch die legale Produktion von Cannabis entstehen würden. Die Behörden wissen genau, wieviel Cananbis jetzt schon jedes Jahr in der Branche gehandelt wird, so dass man Hochrechnungen anstellen kann, wie hoch die Steuereinnahmen sein würden.

– Durch eine legale Produktion wird es möglich, die THC, CBD und CBN-Prozentsätze zu ermitteln, so dass die Konsumenten das auf der Verpackung lesen können, um die Dosierung besser einschätzen zu können. Das würde zudem eine zu hohe Dosierung bei den Konsumenten verhindern.

– Es gibt keine Grenze des Wirkstoffgehalts im Cannabis. Selbst nach 40 Jahren weiß der niederländische Konsument immer noch nicht, wie hoch der Wirkstoffanteil (THC, CBD etc.) in seiner Pfeiffe oder seinem Joint wirklich ist.

– Selbstanbau für den persönlichen Gebrauch kann mit einem Lizenzsystem geregelt werden, das eine Genehmigung für eine bestimmte Anzahl von Pflanzen im Garten oder in Gewächshäusern vorsieht. Die Genehmigung umfasst dann auch eine geprüfte und lizenzierte Zuchtanlage. Auf diese Weise wird der verbrauchte Strom auch bezahlt, was auch die Energiekonzerne freuen dürfte.

– Man kann einen Verein gründen, wo alle Züchter Mitglieder werden und einen Mitgliedausweis bekommen. Zusammen kann man Erfahrungen über den Anbau und die Pflege austauschen.

– Die seit Jahren geltenden AHOJG-Kriterien können in Kraft bleiben.

– Das Einwohnerkriterium ist kontraproduktiv, diskriminierend und sollte deshalb abschafft werden.

– Einen Mindestabstand von Coffeeshops zu Schulen macht keinen Sinn, weil in Coffeeshops sowieso nur Leute über 18 Jahren eingelassen werden. Der Coffeeshopsbesitzer sowie die Mitarbeiter sind verpflichtet, das genau zu kontrollieren. Es gibt verschiedene Methoden das durchzuführen. In Haarlem gibt es einen ID-Scanner, mit dem man die Ausweise kontrolliert.

– Das Verbot der Beliefferung und die Beschränkung des Handelsvorrats auf ein bestimmtes Gewicht sind überflüssig.

– Der Handelsvorrat wird auf den wirklichen Tagesbedarf zugeschnitten, so dass nicht mehr Tausende von kleinen Drogentransporten in die Coffeeshops durchgeführt werden müssen, was auch besser für die Umwelt ist.

– Die Coffeeshops können den Vorrat nun mit den an die Coffeeshops angegliederten Züchtern auffüllen.

Ergebnis:

Schwarzmarkt bekämpfen

Wenn die Produktion von Cannabis erlaubt ist, kann es zu einem vernünftigen Preis an die Coffeeshops verkauft werden, da keine Gefahr mehr von der Verfolgung und Entdeckung ausgeht und das ist ein entscheidender Faktor. Der große Vorteil besteht darin, dass sich das legale Cannabis, das dann von den Coffeeshops angeboten wird, besser verkaufen lässt als das Illegale auf dem Schwarzmarkt, weil der “Risiko-Faktor” dann keine Rolle mehr spielt. Das würde zu einer rapiden Abnahme des Straßenhandels führen, denn wer will dann noch unkontrolliert auf der Straße kaufen?

Stromdiebstahl verhindern

Durch all diese Maßnahmen, würde der Diebstahl von Strom für die illegale Cannabisproduktion zurückgehen sowie die Strafprozesse, die deshalb geführt werden.

Sicherheit

Wenn die Produktion von Cannabis legal ist, ist es für die Coffeeshops nicht mehr von Vorteil mit den illegalen Produzenten zusammenzuarbeiten. Diese illegalen Produzenten nutzen ungesicherte und damit gefährliche elektrische Anschlüsse, die regelmäßig zu Bränden, auch in Wohngebieten, führen. Durch diese Maßnahme fördert man somit die Sicherheit in den Wohngebieten.

Lizensierte Züchter können jährlich überprüft werden und auf gewisse Standarts festgelegt werden. Auch  dadurch können Feuer, die durch einen schlechten Zustand der Anlage entstehen, verhindert werden.

Beschäftigung

In der Coffeeshopbranche arbeiten derzeit etwa 6000 Menschen, nicht eingerechnet die Züchter. Ein Anstieg um 150% von der heutigen Kapazität auf 9000 Arbeitsplätze ist möglich. Die Anzahl der Züchter pro Coffeeshop hängt ab von dem Umsatz ab, den ein Coffeeshop macht. Umso mehr der Coffeeshops verkauft, desto mehr Züchter hat er. Wenn man davon ausgeht, dass jeder Coffeeshops durchschnittlich 6-10 Züchter hat, wären das insgesamt 13.000 neue Arbeitsplätze!

Darüberhinaus entstehen Arbeitsplätze für Installateure und Inspektoren. Sie sollen selbstverantwortlich die Zuchtanlagen überprüfen, eine sichere Installation und die jährlichen Inspektionen durchführen. Ein Magazin, eine Website/Forum plus eine telefonische Hotline des Vereins würde weitere Arbeitsplätze bedeuten.

Einsparungen

Die Einsparungen bei den Ermittlungen und der Strafverfolgung von illegaler Cannabisproduktion wäre enorm und die Polizei hätte mehr Ressourcen zur Verfügung. Das Gleiche gilt für die Justiz und Staatsanwaltschaft, wo Ressourcen frei würden, die jetzt von tausenden Strafverfahren gegen Cannabis blockiert werden. Die Polizei braucht nur noch gegen unlizensierte Züchter vorzugehen.

Identifizierung

Wenn der Anbau von Cannabis erlaubt ist, werden alle Züchter den Behörden bekannt sein. Somit können bei möglichen Kontrollen schnell und umfangreich die aufgezeichneten Informationen eingeholt werden. Es vereinfacht die behördliche Arbeit, wenn es möglich ist, schnell und einfach die Informationsübermittlung auch per Internet durchzuführen.

Auf diese Art und Weise werden die Straßen-, Telefon- und Hausdealer und deren Hintergrundkriminalität langsam verschwinden, weil die Coffeeshops einfach das bessere und sichere Umfeld bieten.

Verbraucher- und Gesundheitsschutz

Auch für die Cannabisverbraucher ist es sehr wichtig, dass die Produktion von Cannabis für die Coffeeshops legalisiert wird, denn sie bezahlen jetzt höhere Preise für Cannabis von teilweise fraglicher Qualität. Das kommt daher, weil es die illegalen Züchter nicht so genau mit der Qualität des von ihnen angebotenen Cannanbis nehmen. Es wurden schon die seltsamsten Methoden gefunden, um das Gewicht zu erhöhen. Die Gesundheit der Konsumenten steht hierbei auf dem Spiel, denn es gibt durchaus auch Coffeeshopbesitzer, die weniger gute Qualität einkaufen, einfach weil der Markt nichts Besseres hergibt. Das aktuelle System bringt deshalb die Gesundheit der Konsumenten in Gefahr, weil die aktuellen Züchter keine Cannabisliebhaber sind, sondern brutale Kriminelle, die rücksichtslos die Gesundheit der Konsumenten gefährden.

Die Niederländische Gesellschaft

Mit der legalen Produktion von Cannabis im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie, werden viele, wenn nicht sogar alle illegalen Cannabiszüchter und -händler und dessen Kriminalität aus den Städten verschwinden. Der Erlös von legalisiertem Cannabisanbau und von der Erhöhung der Anzahl der Coffeeshops bringen hunderte von Millionen Euro für den Staatshaushalt, die das Land in der Krise gut gebrauchen kann.

Der Umsatz für den niederländischen Staat

Die Ausweitung der Anzahl der Coffeeshops auf 1650 bringt einen Gewinn von Steuern in Höhe von rund 600 Mio. € pro Jahr. Die Bereitstellung von Lizenzen für Cannabiszüchter wird nochmals Geld einbringen. Wieviel, das hängt von der Anzahl der Bewerber und dem Preis einer solchen Lizenz ab. Dennoch sollte der Betrag in die hundert Mio. € gehen. Die Züchter oranisieren und verwalten sich selbst. In jedem Fall sollte es möglich sein, insgesamt in der Cannabisbranche Arbeitsplätze für mehr als 20.000 Menschen zu schaffen, womit auch erhebliche Einsparungen im Sozialsystem verbunden wären.

Fazit:

Die Politik von Minister Opstelten kostet jede Menge Geld und bietet keine Verbesserung der aktuellen Situation. Seine Politik gegenüber den Coffeeshops und gegenüber Cannabis insgesamt ist eindeutig kontraproduktiv.

Durch den legalisierten Anbau von Cannabis schafft man eine Win-Win-Situation, während die repressive Cannabis-Politik von Minister Opstelten die Niederlande zu einem großen Verlierer macht.

Wenn ich Mitspracherechte hätte, würde sich die Niederlande wieder mehr dem Thema Cannabis öffnen, zurück zu dem toleranten und vorbildlichen Land, das die Niederlande jahrzehntelang für die Welt waren.

Nol van Schaik

Eli