2011 hat die Gemeinde Kampen (Overijssel), die seit fast 20 Jahren ohne Coffeeshop auskommen musste, ein Modellversuch gestartet, indem sie die Lizenz für einen Coffeeshop vergaben, mit dem Ziel der Prävention, der Reduzierung der Drogenkonsumenten und der Trennung der Märkte. Also im Prinzip genau das, was sowieso schon im gesamten Land praktiziert wurde.
Ausgelegt war dieses Projekt für 5 Jahre. Der Coffeeshop “‘t’Kelterte” wurde somit zum einzigen geduldeten Shop in der Gemeinde mit knapp 51.000 Einwohnern. Um Zugang zu dem Shop zu bekommen muss man sich mit all seinen Personendaten registrieren. Im ersten Jahr taten dies 1236 Kunden, davon 703 aus Kampen selbst. Man muss nicht Einstein sein um zu erkennen, dass der Registrierungsvorgang an sich dabei das größte Hemmnis für die anderen Cannabiskonsumenten der Stadt war.
Im Laufe der vergangenen 5 Jahre hat sich die Zahl der ansässigen registrierten Kunden kaum verändert (708), die Zahl der Kunden von außerhalb ist aber stark angestiegen, von 533 auf 1223.
Die Stadt schliesst daraus, dass die Zahl der heimischen Konsumenten unverändert blieb, die Gemeinde aber gleichzeitig mit einem “Drogentourismus”, hauptsächlich aus dem eigenen Land “kämpfen” muss. Dass es seitens der Anwohner keine nennenswerten Beschwerden über “Overlast” gab, scheint dabei irrelevant. Auch die Tatsache, dass wohl ein Großteil der Konsumenten der Gemeinde gar nicht erst im Shop einkaufen will, wird vollkommen außer Acht gelassen. Gerade das gefloppte “Wietpas”-Experiment 2012 im Süden der Niederlande, bei dem es auch eine massive Weigerung der Bevölkerung zur Registrierung gab, was nicht nur zu einem Ausfall der ausländischen Kunden, sondern eben einen Rückgang der einheimischen Kunden führte, hätte Kampen aufhorchen lassen sollen. Erst als der “Wietpas” durch das “I-Kriterium” ersetzt wurde, bei dem eine Registrierung nicht mehr notwendig wurde, erholten sich die Besucherzahlen langsam wieder. Meiner Meinung nach ist der “Versuchsaufbau” des Modellversuchs absolut falsch konzipiert worden. Zwar hat man durch die Registrierung sehr detaillierte Statistiken über die Besucher, aber schiesst dabei vollkommen an der Realität vorbei.
Da der Zeitraum von 5 Jahren sich nun dem Ende nähert ist die Diskussion über die Zukunft des “‘t’Kelterte” voll entbrannt. Es gibt Stimmen in der Stadt, die gar eine Schließung des Shops fordern, denn die hehren Ziele der Konsumentenzahlreduzierung und der Prävention wurden nicht erfüllt. Bürgermeister Bort Koelewijn (Christen Unie) erkennt aber realistisch, dass eine Schließung den Handel wieder komplett auf die Strasse zurück verlagert mit all den bekannten Problemen. Allerdings will er juristisch prüfen lassen, ob es möglich sei, den Zugang auf die Einwohner Kampens zu beschränken und somit den Strassenhandel in den umliegenden Gemeinden zu erhöhen.
Wie es in Kampen weitergeht wird der Gemeinderat im Laufe des Jahres entscheiden. Ich gehe nicht davon aus, dass die bisherigen Bedingungen gelockert werden, im Gegenteil. Mit einer Schließung rechne ich allerdings auch nicht, das wäre töricht.
Kampen erlebt im Kleinen genau dasselbe, was die Niederlande im Großen erlebt: Insellösungen führen nur zu Problemen. Zumindest wenn man gewisse Ereignisse als Problem ansieht. Daher wird es nötig, die gesamte Drogenpolitik in Europa zu harmonisieren und an einem (toleranten) Strick zu ziehen.
Aber das funktioniert in Europa momentan ja generell nicht sonderlich gut.
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