Maurice Veldmann: Gras 2015 – Was ist erlaubt und was nicht?

Kolumnist, Aktivist und Anwalt Veldmann. Foto via vvsadvocaaten.nl
Kolumnist, Aktivist und Anwalt Veldmann. Foto via vvsadvocaaten.nl

Der folgende Text ist eine Übersetzung eines Artikels von Maurice Veldmann auf RollingStoned.nl

Ab dem ersten März 2015 tritt der neue Artikel 11a des Opiumgesetzes in Kraft. Dadurch wird es für die Growshops schwieriger, das komplette Angebot für Berufs- und Betriebsmäßige Cannabiszüchter vorzuhalten. Die Frage, wer was zu befürchten hat und was die Justiz und Gemeinden machen können, versucht Maurice Veldman in dieser Kolumne zu beantworten.

Ab wann ist man kein kleiner Homegrower mehr?
Anders gefragt: Ab wann reden wir hier von Cannabiszucht im Maßstab einer gewerbs- oder berufsmäßigen Zucht? Diese Definition müssen wir den Rechtswissenschaftlern überlassen. Unter denen gibt es zahlreiche Absprachen, die zudem noch kasuistisch sind.
Kasuistisch, weil aus der Rechtsgeschichte einzelne Fälle herangezogen werden, aus denen sich ein Gesamtbild ergibt, ob eben eine Zucht gewerbsmäßig ist oder nicht. Dazu wird die Zahl der Pflanzen, der daraus zu erwartende Jahresertrag, der Einsatz von Technik zur Ertragserhöhung, der Anbau im Hinblick auf die erforderlichen Investitionen und Risiken, unter welchen Bedingungen angebaut wird, zum Beispiel in Indoor oder im Gewächshaus, unter Verwendung von sogenannten Tageslichtlampen oder mit Temperatur und Bewässerungssteuerung bewertet.
Weiterhin wird untersucht, ob Anlass zum Verdacht besteht, dass die Zucht lediglich aus einem privaten Grund und zum Eigenbedarf betrieben wird, oder ob es Hinweise auf eine andauernde, regelmäßige gewerbliche Zucht gibt, die auf Gewinne ausgelegt ist. Aus der Faktenlage wird dann beurteilt, ob es sich um eine geschäftsmäßige Zucht handelt. Es muss auch nicht um 200 Pflanzen gehen, um als Profizüchter behandelt zu werden wie manchmal behauptet. Es geht mehr um den Eindruck der sich aus einem Gesamtbild ergibt, welches dann ein Gericht entscheiden lässt um welche Form der Zucht es sich handelt. Als Einziges steht fest, dass die Untergrenze bei fünf Pflanzen liegt. Das steht in den Duldungsregeln. Das Oberste Gericht der Niederlande, der „Hoge Raad“, hat bestätigt, dass diese „Duldungsregel“ wie ein Gesetz behandelt werden muss. Diese Entscheidung ist beachtlich, bedeutet sie doch, das die Duldungsregel auch in der EU-Gesetzgebung, sowie anderen verbindenden Verträgen berücksichtigt werden muss. Dies gilt auch für ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Das bedeutet schon ziemlich viel und der juristische Staus dieser fünf Pflanzen Regel sollte nicht unterschätzt werden.

Der Hoge Raad
Der Hoge Raad

Das Schließen von Gebäuden
Diese neuen Beschränkungen bleiben nicht auf Justiz und Politik beschränkt. Auch die Gemeinden wurden bereits aufgefordert, Maßregeln gegen die Verkaufspunkte (Growshops) zu treffen. Die Gemeinden wurden zum Stichtag 1. März dazu aufgefordert, die Growshops umfangreich zu kontrollieren. Hier und jetzt (Zeitpunkt des Artikels: 4.Februar 2015) finden diese (Vor)Kontrollen bereits statt. Gemeinden sind schon jetzt in der Pflicht, Growshops in denen Cannabis gefunden wird, zu schließen. Diese Anordnungen an die Bürgermeister zeugen nur von der mangelnden Sachkenntnis, da in Growshops kein Krümel Cannabis zu finden ist. Einige Gemeinden in den Niederlanden haben Richtlinien entwickelt, nach welchen Gebäude in denen Drogen gefunden werden, deren Menge den Eigenbedarf übersteigt, geschlossen werden können. Der Art.13b Opiumwet ermöglicht Bürgermeistern recht einfach, eine Wohnung oder ein Haus zu schließen, wenn dort auch nur eine kleine Hanfzucht betrieben wird. Dies geschah bereits im letzten Jahr regelmäßig. Die Gerichte greifen nur selten ein und lassen den Bürgermeistern freie Hand.
Das Schließen von Gebäuden und Wohnungen wegen Verstößen gegen das Opiumwet ist eher die Regel geworden und nicht mehr die Ausnahme. Auf diese Weise steuern die Bürgermeister energisch ihren Anteil an der Bekämpfung der grünen Pflanze bei.
Zwar widerrief das Höchste Gericht im letzten Sommer eine Anordnung des Gerichtes in Heerlen, das eine Wohnung wegen dort gefundener 0,1 g Kokain und 4 g Cannabis, für bis zu 12 Monaten geschlossen hatte. Diese Anordnung hatte das Gericht ohne Vorwarnung erlassen. Der Besitzer der Drogen hatte widersprüchliche Erklärungen zur Herkunft abgegeben. Aber grundsätzlich ist es möglich, ein Gebäude auch wegen weniger als 5g dort gefundenem Cannabis zu schließen. Nur muss dann wirklich sicher nachgewiesen werden, dass aus dieser Wohnung heraus Handel betrieben wurde. Dies war in Heerlen nicht der Fall und deswegen hat das Höchste Gericht diese Entscheidung gekippt.

Die Schließung von Wohnungen und Gebäuden geschieht täglich
Die Schließung von Wohnungen und Gebäuden geschieht täglich und ist mehr Regel als Ausnahme geworden. Dies wirft die Frage auf, wieso die Gemeinden bereits heute zu verstärkten Kontrollen der Growshops aufgerufen werden und diese auch schließen, falls dort Cannabis gefunden wird, oder die öffentliche Ordnung rund um den Shop gestört wird. Wenn man also bedenkt, welch kreative Gründe sich die Behörden einfallen lassen, um Wohnungen und Gebäude zu schließen, dann wird schnell deutlich, dass Gebäude in denen mehr als 5 Cannabispflanzen gezogen werden, von einer Schließung bedroht sind. Aber das Cannabis muss nicht einmal im Haus sein, um ein Gebäude schließen zu können.
Auch wenn keine Drogen in der Wohnung oder einem Gebäude gefunden werden, kann diese Wohnung/das Gebäude geschlossen werden. Dazu reicht es aus, wenn diese Wohnungen in enger Beziehung zu Cannabis Straftaten stehen. Wenn diese Beziehung gegeben ist, kann die Wohnung durch das Finanzgericht versiegelt werden. Das gilt für alle Gebäude. Es muss auch kein Handel aus einem Haus betrieben worden sein, es reicht aus wenn dort Cannabis gefunden wird. In jedem Fall könnten diese Gebäude versiegelt werden.

Niederländischer Growshop CC BY-SA 3.0, Foto: Tom Ordelman
Niederländischer Growshop CC BY-SA 3.0, Foto: Tom Ordelman

Schließung von Gebäuden wegen Störungen der öffentlichen Ordnung
Der Bürgermeister kann ein Gebäude aufgrund von Verstößen gegen die Gemeindeverordnung schließen, wenn die öffentliche Ordnung gefährdet ist, oder die ernsthafte Sorge dazu besteht. Wenn man bedenkt, was alles unter Störung der öffentlichen Ordnung verstanden werden kann, weiß jeder, dass eine Zucht von mehr als fünf Pflanzen vollkommen für die Schließung eines Gebäudes ausreicht. Also ist es nicht verrückt, sich Gedanken um die Auswirkungen des § 11a des neuen Opiumgesetzes zu machen, als auch darüber wie schnell und in welcher Art die Bürgermeister dies umsetzen. Wann wird der erste, unbeliebte Growshop aufgrund der Schließungsbefugnis der Bürgermeister schließen müssen? Das könnte dann zu der Annahme führen, das die öffentliche Ordnung gestört ist. Mit der Zeit werden wir wissen, ob die Bürgermeister tatsächlich versuchen werden, diese Befugnis umzusetzen.

Der kleine Homegrower, der mit mehreren Hilfsmitteln arbeitet und dadurch mit den großen Profigrowern im Gesetz gleichgestellt wird, muss sich aber nach meiner Meinung keine immer noch keine Sorgen machen, solange er nicht mehr als fünf Pflanzen für den eigenen Gebrauch zieht..
Bei allem muss auch immer bedacht werden, dass der Verkauf an Homegrower von diesen elenden Vorschriften ausgenommen ist. Der kleine Homegrower, der mit mehreren Hilfsmitteln arbeitet und dadurch mit den großen Profigrowern im Gesetz gleichgestellt wird, muss sich aber nach meiner Meinung immer noch keine Sorgen machen, solange er nicht mehr als fünf Pflanzen für den eigenen Gebrauch zieht. So wird wohl ein kleiner Growraum oder ein kleines Zelt mit nur einer Lampe erwartungsgemäß nicht so schnell zu einer Verfolgung führen. Und dann auch wohl nur selten bis zu einem Urteil vor einem Richter. Es geht hier immer noch nicht um die kleinen Homegrower, die verfolgt werden sollen, nicht um diejenigen die lediglich ihre eigene Versorgung im Auge haben.

Die Arbeit haben die Gerichte…
Die Arbeit haben die Gerichte, die, so bleibt es zu hoffen, wegen der Menge der Klagen, sowohl in Strafprozessen als auch zivilrechtlich, sich wohl schnell an die Politik wenden werden. Und das die Politiker dann einsehen, dass ihre Beschränkungen der Growshops völlig am Ziel vorbeischießen und die wirklich großangelegte Cannabiszucht auf diesem Weg nicht bekämpft werden kann.

 

Streuner

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