Stimmen aus Amsterdam: Kritik, Skepsis und Zustimmung

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Femke Halsema, Bürgermeisterin von Amsterdam, möchte das I-Criterium in Amsterdam einführen und die Zahl der Coffeshops drastisch reduzieren. Medien in den Niederlanden und im Rest der Welt (und auch wir) berichteten darüber.

Jetzt gibt es die ersten Stimmen aus der Stadt, die sich zum Thema äußern. So gibt sich D66-Ratsmitglied Alexander Hammelburg skeptisch: “Wir stehen den Plänen, dass es für Touristen keine Joints mehr geben soll, skeptisch gegenüber und fürchten einen größeren illegalen Markt mit vielen Straßendealern und Auswirkungen auf Amsterdams Jugend”

Halsemas Parteigenosse Zeeger Ernsting ist ebenfalls kritisch und meint, dass man sich nicht der Illusion hingeben solle, dass man das reale Problem des Over-Tourismn einfach lösen kann, indem man den Zugang zu Coffeeshops verbietet. Auch die PvdA ist skeptisch.

Unterstützung hingegen erfährt Halsema von Polizeichef Frank Paauw und dem neuen Justizchef René de Beukelaar. Zusammen mit der Bürgermeisterin sind sie das sogenannte “Driehoek”, ein festes politisches Konstrukt in der niederländischen Politik. Laut ihnen sei die Einführung der Regelung “durchsetzbar”, allerdings wolle man die möglichen Auswirkungen mindestens ein Jahr prüfen, bevor man das Verbot einführt.

Auch die Rechtsliberale VVD ist natürlich ganz hingerissen von den Plänen. Die VVD-Fraktionsvorsitzende Marianne Poot bekräftigt: “Ich hoffe, dass alle Parteien im Rat, einschließlich der linken Koalitionsparteien, erkennen, dass dies ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der “touristischen Overlast” ist”

Natürlich sind die Coffeeshops selbst alles andere als begeistert. Der Manager von Barney’s Coffeeshop bringt es auf den Punkt: “Wenn keine Touristen mehr kommen dürfen, können wir die Zelte abbrechen”

Eine Mitarbeiterin des Coffeeshops De Kade zeigt sich etwas verständnisvoll: “Das es Overlast gibt ist unbestreitbar. Es ist aber ein Trugschluss, dass dies nur durch Touristen verursacht wird. Oft sind es auch Amsterdamer, die sich nicht benehmen und Dreck hinterlassen.” Sie meint auch, dass das Verbot der Raucherräume zu vielen Problemen führt, weil dadurch immer mehr Leute draußen rauchen und dort dann Overlast verursachen.

Jason den Enting vom Dampkring Coffeeshop gibt zu bedenken, dass selbst die Schlange vor dem Anne Frank Haus ein Verursacher von “Overlast” sei und die Cannabiskonsumenten bei weitem nicht die größten Probleme verursachen.

Warteschlange am Anne Frank Haus

Die Pläne, den erlaubten Handelsvorrat zu erhöhen finden die Shops natürlich großartig, aber, so der Manager vom Barney´s: “Was nützt uns ein größeres Lager, wenn wir es an niemanden verkaufen können?”

Joachim Helms vom “Bond van Cannabis Detaillisten”, dem Branchenverband der Coffeeshopbesitzer fasst es treffend zusammen: “Was die Macher dieses Plans nicht erkennen, ist, dass Cannabis weltweit ein beliebtes Genussmittel ist. Die Leute wollen ihren Joint rauchen. Wenn sie ihren Joint nicht in einem Coffee Shop bekommen können, kaufen sie ihn auf der Straße.”

Dies hätte sich besonders vor dem ersten Lockdown gezeigt. Durch die Panikkäufe hatten sich damals lange Schlangen vor den Shops gebildet. Die Wartenden wurden sofort von Straßenverkäufern bedient. Dies sei auch bei der Durchsetzung der Pläne zu befürchten.

Auch der Gaststättenverband “Koninklijke Horeca Nederland” ist skeptisch: Ihnen zufolge ist der illegale Handel auf den Straßen bereits jetzt außer Kontrolle geraten und wird nur noch zunehmen, wenn der Vorschlag eingeführt wird. Der Verband glaubt nicht, dass die Drogentouristen wegbleiben, wenn das Verbot umgesetzt wird. “Die Realität zeigt bereits, dass es auch außerhalb der Öffnungszeiten der Coffeeshops kein Problem ist, an Drogen zu kommen.”

Der Vorstoß von Halsema wird für viel Diskussionsstoff sorgen.

Juristisch gesehen kann Femke Halsema aus ihrer Position heraus bei Unterstützung des “Driehoek” frei bestimmen, allerdings will sie es zusammen mit dem Rat umsetzen.

Denn dieser kann bei Misstrauen eine Absetzung der Bürgermeisterin beantragen. Und hier steht eine Menge auf dem Spiel.