Gestern veröffentlichte Eurostat die Zahlen zum Anstieg der Arbeitslosenquote in den einzelnen Ländern der Europäischen Union. Wie die Wirschaftsausgabe der Tageszeitung “de Telegraaf” meldet, liegen die Niederlande dabei auf dem unrühmlichen ersten Platz was die Geschwindigkeit des Anstiegs betrifft.
Während im Juli in Gesamteuropa die Arbeitslosigkeit leicht sank und mit 26,3 Millionen Personen bei 10,9% liegt, stieg sie im gleichen Zeitraum in den Niederlanden erneut um 13.000 Menschen auf nun 626.000. Das ist mit einer Quote von 7% zwar noch vergleichsweise niedrig, aber noch ein Jahr zuvor im Juli 2012 waren in den Niederlanden nur 469.000 Arbeitnehmer ohne Job.
In bekannten Krisenländern wie Spanien und Italien nimmt die Arbeitslosigkeit dagegen wieder ab.
Natürlich ist dieser rapide Anstieg nicht signifikant auf den Wietpas bzw. das Einwohnerkriterium und wegbleibende Coffeeshoptouristen zurückzuführen. Wenn auch allein in Maastricht 450 Coffeeshopmitarbeiter seit Mai 2012 arbeitslos sind und zusammen mit den 3 Provinzen Limburg, Zeeland und Ost-Brabant evtl. eine vierstellige Zahl erreicht wird. Die angekündigte Schließung von 70 Amsterdamer Coffeeshops wird noch einmal für einige Tausend Arbeitslose mehr sorgen. Dazu kommen noch Entlassungen in der Gastronomie, die ebenfalls z.B. in Maastricht teils Umsatzrückgänge von 40% und mehr verbuchen musste, sowie Umsatzrückgänge von 25% in einigen Modegeschäften, wie sie der Inhaber von “Anthony Morato” in seinem offenen Brief geschildert hat.
Trotzdem sind die hauptsächlichen Gründe für die sich verschärfende Arbeitsmarktsituation in den Niederlanden natürlich woanders zu suchen. Die Frage ist aber, ob nicht jeder geschaffene oder zumindest nicht mutwillig vernichtete Arbeitsplatz ein Umdenken wert ist. Dass Repression und Prohibition – auch wenn sie “nur” die ausländischen Gäste betrifft, alleine schon wirtschaftlich betrachtet absolut irrational sind, liegt auf der Hand. Zudem könnte die Regulierung der Backdoor noch einmal eine nicht unerhebliche Anzahl Arbeitsplätze schaffen.
Interessant ist, was diese Entwicklung für die politische Zukunft der Niederlande bedeutet. Auch in den Niederlanden sind Arbeitsmarktreformen angekündigt, die sehr einschneidend sein sollen. All das dürfte die Popularität der aktuellen Regierung nicht steigen lassen. Eine starke und, mit der PvdA koalitionsfähige, SP würde die Situation bezüglich Einwohnerkriterium und sonstigen repressiven Vorhaben wie beispielsweise 15%-Regel, Schulabstand, unzureichender Vergabe neuer Lizenzen und das geplante Vorgehen gegen Growshops ganz gewiss radikal in unserem Sinne verändern. Schaden würde es der niederländischen Wirtschaft ganz sicher nicht. Bleibt zu hoffen, dass nicht der umgekehrte Fall eintritt, und die Rechten und Rechtspopulisten mehr Zulauf bekommen. Allerdings war der Trend zu immer mehr Arbeitslosigkeit auch schon im Herbst 2012 vorhanden. Und bei der letzten Wahl der Tweede Kamer haben die Niederländer ja wenigstens die PVV (Geerd Wilders) abgewählt. Das lässt hoffen, dass auch die VVD bei einer so schlechten wirtschaftlichen Entwicklung an Zustimmung einbüßen könnte.
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