Vor einiger Zeit haben wir über die ambitionierten Forderungen des Kommissionsvorsitzenden André Knottnerus über eine Erweiterung des Modellversuchs für die kontrollierte Cannabisproduktion der Coffeeshops gebloggt. Sein Bericht lässt keinen Zweifel daran, dass Knottnerus den Blick für die Realität nicht verloren hat und sich keiner Parteimeinung unterordnet, sondern im Sinne der Bevölkerung handelt, die von dem Versuch direkt betroffen ist, also die Konsumenten und die Shopbetreiber.
Der Bericht hat hohe Wellen geschlagen und trifft auf breite Zustimmung, aber auch Ablehnung.
So teilt der Raad van State, ein wichtiges Verfassungsorgan der Niederlande, viele der genannten Punkte. Sie sind ebenfalls für eine Erweiterung des Experimentes auf mehr Gemeinden und eine verlängerte und flexible Durchführungszeit. Dies soll eine präzisere Aussagekraft der Begleitstudie ermöglichen.
Die zuständigen Minister Ferd Grapperhaus (CDA, Justiz und Sicherheit) und Bruno Bruins (VVD, Medizinische Versorgung und Sport) sehen das jedoch anders: Sie plädieren auf eine strickte Einhaltung des Legislativvorschlags, auch um den Zusammenhalt der Regierung nicht zu gefährden.
Dies ist durchaus nachvollziehbar, denn der Modellversuch ist ein Kompromiss aus verschiedenen, teils gegenteiligen Überzeugungen. Wir erinnern uns ja noch an die langwierige Regierungsbildung. Würde die Regierung zerbrechen, hätte niemand etwas davon, denn niemand weiß, ob die nächste Regierung dies immer noch wollen wird bzw. vereinbaren wird. Nach Meinung der Minister seien die geplanten maximal 10 Gemeinden aussagekräftig genug.
Ansonsten hat sich die Regierungskoalition aber mit vielen Vorschlägen Knottnerus´einverstanden erklärt: Niemand hat etwas gegen eine große Sortenvielfalt und eine Limitierung des Wirkstoffgehaltes soll es nicht geben (wohl soll dies aber im Rahmen der Studie untersucht werden). Andererseits stellt die Regierung in anderen Punkten klar, dass sie da nicht kompromissbereit ist: So werden in den jeweiligen Modellstädten alle Coffeeshops dazu gezwungen, ausschliesslich nur noch das lizensierte Cannabis anzubieten, Verstöße sollen mit den bekannten Sanktionen belegt werden. Dafür wird die 500g Höchstlagermenge aufgehoben. Die Coffeeshops dürfen in Zukunft das Cannabis für den gesamten Tag lagern dürfen, unabhängig davon, wie viel das ist. Offen gelassen ist übrigens die Möglichkeit, während des Experimentes komplett neue Coffeeshops zu eröffnen.
Bitter für uns Ausländer: Der Geist Opsteltens wacht über das Experiment: Grenzstädte sollen verpflichtend das I-Kriterium einführen und das Staatswiet ausschliesslich an Einwohner des Landes verkaufen dürfen. Inwieweit dann Grenzgemeinden überhaupt Lust auf den Modellversuch haben dürfte Interessant sein, hat sich doch gezeigt, dass Ausschluss von Ausländern immer den Strassenhandel stärkt. Und genau dieser soll ja eigentlich durch das Experiment bekämpft werden…
Im Herbst soll der endgültige Gesetzesentwurf für die Durchführung des Experimentes verabschiedet werden. Bis dahin müssen alle Unklarheiten beseitigt sein. Auch sollen dann die Testgemeinden feststehen. Ambitioniert, aber machbar.
Weiterhin nicht vollständig geklärt ist die Vereinbarkeit des Modellversuchs mit internationalen Vereinbarungen. Hierzu hat der Rad van State seine Einschätzung abgegeben.
Zwar stünde das Experiment mit der verpflichtenden Erklärung, Produktion und Handel von Drogen zu bekämpfen im Widerspruch, Ausnahmen bestehen aber für medizinische Gründe und zum Zwecke der Wissenschaft, was der Modellversuch ja letztendlich auch ist. Jedoch merkte der Raad van State auch an, dass es für den Freizeitgebrauch praktisch keinen Spielraum in den Verträgen gäbe. Allerdings gibt es eben auch das Ziel, die illegale Produktion von Cannabis einzudämmen und man muss kein Jurist sein um zu erkennen, dass legale Produktion dies zweifelsfrei tut.
Es ist noch ein langer Weg zum legalen Gras in Hollands Coffeeshops. Doch die ersten Weichen sind gestellt und der Zug rollt.
Das wird ein spannender Herbst!
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