Willkommen im Süden

In der südlichsten Provinz der Niederlande ist deren Hauptstadt Maastricht mittlerweile bekannt dafür, dass sie als einzige Stadt der Umgebung das I-Kriterium handhabt. Das hat sich auch mit dem Amtsantritt der neuen parteilosen Bürgermeisterin Annemarie Penn-te Strake nicht geändert. Stattdessen keimt nun in den benachbarten Städten der Ummut darüber, dass die Coffeeshopkunden, welche in Maastricht unerwünscht sind, nun auf die anderen Städte ausweichen und die dortigen Coffeeshops besuchen.

Skunk & Relax in Sittard
Skunk & Relax in Sittard

Nun ist es so, dass die einzelnen Städte sehr unterschiedliche Regelungen haben. In Heerlen kann man kaufen, darf sich aber nicht in den Coffeeshop setzen und rauchen oder einen Kaffee trinken. In Sittard-Geleen ist dieses erlaubt. Allerdings gibt es dort mittlerweile Bestrebungen, dies einzudämmen und das I-Kriterium in den Shops der Gemeinde umzusetzen.
Ausgangspunkt des Ärgers war wie so oft eine Zunahme der Overlast in der Umgebung der Shops. Zum einen störte es die Anwohner, dass die illegalen Drogenhändler mehr wurden, zum anderen ist der fehlende Parkraum für die vielen Coffeeshopkunden ein Ärgernis. Man stellte fest dass ein Großteil der Kunden aus Belgien kommt, also ist der erste Reflex wieder einmal, diesen den Zutritt zu verwehren.
Man könnte sagen, das ist eine Limburger Tradition. Schon lange vor der ersten Einführung des Wietpas im Mai 2012 kannte man in Maastricht die Diskriminierung bestimmter Personengruppen. Damals galt in der Stadt das sogenannte Nachbarschaftskriterium. Das hatte zur Folge, dass nur noch Kunden aus Belgien oder Deutschland die Coffeeshops der Stadt betreten durften, in der 1992 der Vertrag über die Europäische Union unterzeichnet wurde, welcher die europäischen Völker eigentlich ja näher zusammen bringen sollte.
In Maastricht einigte man sich damals darauf, nur noch die Kunden der Nachbarländer zuzulassen und alle Franzosen, Luxemburger oder Briten in die Nachbargemeinden zu verweisen.
Das führte dort natürlich nicht zu einer großen Überlastung, schließlich ist eine Großteil der Kunden in Maastricht aus dem belgischen Umland. Die wiederum hatte man in Maastricht als Kunden halten können. Nirgends war in dieser Zeit ein großer Aufschrei zu hören, dass die Kunden aus Frankreich diskriminiert werden…

Easy Going - Geschlossen
Easy Going – Geschlossen

Doch dann kam der Wietpas und änderte alles. Als nur noch die Niederländer Zutritt im Coffeeshop hatten, erst da kam die Diskriminierungskeule heraus.
Nun stellt sich die Frage, warum erst so spät. Nun, das hat einiges mit der angespannten Situation zwischen dem damaligen Bürgermeister Onno Hoes und Marc Josemans, dem Besitzer des ‘Easy Going’ und damaligen Vositzenden der Vereniging van Officiële Coffeeshops Maastricht (VOCM). Dieser hatte mit dem vorherigen Bürgermeister gut zusammengearbeitet, was mit Hoes überhaupt nicht gelingen wollte.
Der Rest ist Geschichte. Nach mehrern Gerichtsprozessen und einem Wechsel des Bürgermeisters ist das Easy Going immer noch geschlossen, da Josemans sich nicht an der Diskriminierung von Kunden beteiligen will. Nun kommt allerdings ein neuer Vorschlag von ihm. Seine Lösung besteht darin, die Coffeeshopkunden über Limburg zu verteilen. Belgische Coffeeshopbesucher sollen in Maastricht Zugang haben, während der Rest in den anderen Städten einkaufen kann.
Im Moment besuchen die Shops Skunk und Relax in Sittard durchschnittlich 1626 Besucher pro Tag, das macht pro Jahr 591.968. Diese Zahl ist doppelt so hoch wie 2011, vor der Einführung des Wietpas. In Geleen besuchen ebenfalls ca. eine halbe Million Kunden die beiden Coffeeshops Genesis und Club 88. Nach aktuellen Untersuchungen kommen ungefähr 60% der Kunden aus Belgien.
Würde man den Vorschlag von Josemans umsetzen, würde das bedeuten, dass die Maastrichter Coffeeshops auf einmal ca. 600000 Besucher mehr pro Jahr haben. Wirtschaftlich bestimmt ein Gewinn. Allerdings muss man sich dann auch fragen lassen, was denn aus dem Nicht-Diskriminierungsgedanken geworden ist. Schließlich ist der Zutritt für alle anderen Europäer weiterhin nicht gestattet. Unter Gleichbehandlung versteht man gemeinhin etwas anderes.
Bisher hat man noch nicht entschieden was das beste Mittel gegen die Overlast im Umfeld der Coffeeshops in Sittard-Geleen ist. Bisher sind es nur einige Stimmen im Gemeinderat, die das I-Kriterium wieder einführen wollen. Natürlich wird ein härteres Vorgehen gegen die illegalen Straßenhändler gefordert. Bleibt das Problem der fehlenden Parkplätze in Sittard rund um den Bahnhof. Aber Ausländern den Zugang zu Coffeeshops zu verweigern, nur weil zu wenige Parkplätze im Ort sind… Das wäre schon eine seltsame Auffassung von Gastfreundschaft.

Steve Thunderhead